 Windeck - „Gekämpft wird immer!“ - das behauptet zumindest Kai Magnus Sting, der mit seinem neuen Programm „Theaterschlachten“ eine Vorpremiere im Haus des Gastes in Herchen gab. Scharfsinnig und wortgewaltig spürte Sting den täglichen Überlebenskämpfen nach. Große Gesten und Wortsalven, die er gleich einem Maschinengewehr ohne Punkt und Komma, scheinbar
ohne Punkt und Komma,
gar ohne Atem zu holen aneinanderreiht, sind Stings Markenzeichen. Er ist ein Wüterich auf der Kabarettbühne, der mit intellektuellem Wortwitz begeistern kann und in dieser Weise das „Theater des Daseins“ in all seiner Dramatik, Komik und seinem Wahnwitz in Herchen darzustellen suchte.
Skurrilitäten des alltäglichen Daseins werden von Sting aufmerksam beobachtet und pointiert sowie scharfzüngig aufbereitet auf die Bühne gebracht. Er warnt vor der „Gerontokratie“, der Übernahme der politischen Landesführung durch die rüstigen Alten, die sich durch Nordic Walking fit halten. Früher habe noch der Säbelzahntiger für natürliche Selektion und eine ausgewogene Alterspyramide gesorgt.
Sting fragt, was von der Aussage „Tun Sie mich mal dem Gehackten“, zu halten ist und sinniert über „Wellkäse-Brötchen a.D,“ die in Theaterkantinen zu finden seien. Auch dem täglichen „Theater“ am Bahnschalter widmet er sich. Dort muss er einen aussichtslosen Kampf mit dem Service am Fahrkartenschalter ausfechten, trotz der recht detaillierten Angabe, eine Fahrkarte der 2. Klasse von Duisburg nach Hamburg, am kommenden Freitag um 12.45 Uhr ohne Umsteigen im Nichtraucherwagen des ICE, am Fenster mit Sitzplatzreservierung, Bahncard 50 und Punktesammelsystem erstehen zu wollen.
Zeitweise wird dann doch deutlich, dass man sich in einer Vorpremiere befindet und Sting noch ein paar Ecken und Kanten des neuen Programms bearbeitet, bevor er die „Theaterschlachten“ in Hamburg zur Premiere bringt. Die Schilderung der Auslagen und örtlichen Gegebenheiten in der Theaterkantine ergehen sich in einer allzu ausladenden Fülle und bieten entbehrliche, gar zu dezidierte Beschreibungen. Auch die nachfolgende Szene, in der sich Othello, Macbeth, Maria Stuart und Mephisto in selbiger Kantine versammeln, um die Frage zu klären, wer nun der „wahre Klassiker“ sei, bringt zwar interessante Ideen und fasziniert durch Stings Fähigkeit, verschiedene Figuren durch je eigene Sprachdukten zum Leben zu erwecken, ermüdet aber gleichzeitig durch scheinbar unendliche Wiederholungen ohne Zielpunkt. An Themenbezug, Zusammenhang und Zielorientierung schien es dem neuen Programm ohnehin noch ein wenig zu mangeln.
Potenzial, das steht zweifellos fest, besitzt Sting, der 30-jährige Nachwuchskabarettist. Bleibt zu hoffen, dass sich das neue Programm nach dem Feinschliff des Rohdiamanten noch zur furiosen Bühnenshow ohne lähmende Längen entwickeln wird. Oder mit den Worten Stings: „Glück auf!“. |