30.11.2008

Seitensprünge und andere Heuchelmorde
Kleine & Linzenich suhlten sich genüsslich in menschlichen Abgründen

 

Windeck - Kleine & Linzenich sind stets wie aus dem Ei gepellt, die Anzüge sitzen perfekt und werfen nicht die kleinste Falte. So stellt man sich wahre Gentlemen vor. Aber wehe, wenn sie ihre Lästermäuler wetzen.
Kein Schongang für irgendjemand, derart, nahm das freche Kabarett-Duo Nikolaus Kleine und Ferdinand Linzenich im Herchener Haus des Gastes so ziemlich alles in die Mangel, was in den Heißwaschgang des gut zweistündigen Programms "Die Heuchelmörder!" reinpasste. Auch gegenseitig schonten sie sich nicht mit bitteren Wahrheiten, die manch anderen umgebracht hätten.
Lässig nahm Kleine im Zweiminutentakt böse Anspielungen auf seine Vorliebe für Männer entgegen. "Du hast doch nicht mehr alle Tassen im Schrank", tönte er. Superego Linzenich ficht das nicht an: "Aber nur, weil ich dir ausgeholfen habe", breitet er die Arme aus und feiert sich selbst lautstark mit anfeuernden "Ferdinand"-Rufen.
Zu den Männern, die glauben, sich verändern zu müssen, gehört Linzenich gewiss nicht. Als Kleine ausführt, der ideale Mann bringe seiner Frau Frühstück ans Bett, entrüstet sich sein Bühnenpartner: "Ich kann doch nicht einfach in die Küche gehen, da wohnt doch meine Frau."
Das Wesen von Mann und Frau, Beziehungen, pränataler Elternterror, Schwule und Hundebesitzer wurden mit dem Seziermesser zerfleddert und ohne Reue der Verwesung übergeben.
Weil statistisch gesehen jeder dritte Mann fremdgeht - außer in Herchen, wo sich auf Nachfrage von K&L niemand meldete - lernten die Zuschauer gleich in mehreren Akten den "Vermuteten Seitensprung" kennen. Beim Ehepaar vor der Goldenen Hochzeit keift die Frau (also Kleine): "Wenn ich mal sterbe, wirst du dich umsehen." Der Mann (also Linzenich) kontert gnadenlos: "Stirb du erstmal, umgesehen habe ich mich schon lange." In der besseren Gesellschaft beteuert der Mann: "Ich habe keine Geliebte." Sie: "Warum nicht, können wir uns das nicht leisten?"
Das Publikum amüsierte sich königlich und hatte kaum Zeit zum Luft holen bei dieser kraftstrotzenden Vorstellung aus Wortkaskaden, Tanzeinlagen und Gesang. Am Ende stand sogar ein Fazit: Was hilft dir all deine Ehrlichkeit, hast du danach nur noch Angst und Streit. (sc)

 

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