07.09.2013


Viel "Senf" vernebelt den Durchblick

Volker Weininger wühlte sich im Haus des Gastes durch den modernen Meinungsmorast


Windeck (sc). Welchen Senf Volker Weininger privat bevorzugt, ließ sich bei seinem Heimspiel im Haus des Gastes in Herchen in seinem Programm "Euer Senf in meinem Leben" bald vermuten - am Gaumen kitzelnd, im Abgang unverblümt scharf.
Der gebürtige Schladerner hat sich mittlerweile einen festen Platz in der Kabarettszene erobert und als Newcomer hat er es in der Rolle als Sitzungspräsident in den Kölner Karneval geschafft.
"Ich kenne mich in der Welt nicht mehr aus, von überall prasseln Meinungen auf uns nieder und jeder gibt seinen Senf dazu."
Mit geschientem Bein humpelte Weiniger auf die Bühne und nahm im Sitzen seine Fahrt durch den modernen Meinungsmorast auf. Brandaktuell fiel seine Analyse zum Kanzler-Duell im Fernsehen aus, bei dem am Ende Merkels "Schlandkette" das Spannendste war. "Die Erstwähler sind doch heute schon mit dem Stift in der Wahlkabine überfordert, sie machen ein Foto vom Wahlzettel mit dem Handy und werfen es dann in die Urne. Dieses Duell war ein Paradebeispiel für Senf."
Wenig Respekt zeigte er auch vor Enthüllungsstorys, für die Journalisten monatelang emsig recherchieren, um schließlich die Nation mit einer Schlagzeile über das versaute Nudelgericht von Dieter Moor in den 80er Jahren zu nerven. "Brauchen wir das wirklich?", ist eine von vielen Fragen, die Weininger sich lieber selbst stellt.
Zum Beispiel die, ob Politiker als Vorbilder taugen? "Das muss man differenziert sehen, bleiben wir mal bei der Wulff-Affäre. Berlusconi wird sich über ihn belacht haben, da sind Affären die besten Voraussetzungen, um Präsident zu werden. Dort wird der Wert der Kontinuität noch gewahrt." Auch andere Tugenden wie beispielsweise den Sinneswandel von Philipp Rösler zur Einführung des Mindestlohns auf dem FDP-Parteitag in Nürnberg. "Das nennt man Flexibilität." Jedenfalls haben Experten aller Art Hochkonjunktur. "Mit unterhaltsamen Beiträgen wie Nebel an der Zugspitze torpedieren Adelsexperten die Zuschauer bei royalen Hochzeiten über Stunden." Ohne die Braut je zu Gesicht zu bekommen werde hochbrisant Bericht erstattet, von welcher Gärtnerei das Blumenarrangement komme, unterbrochen von 53 Werbespots.
Auch einen Ausflug in die Gedankenwelt eines total blauen Sitzungspräsidenten gönnte Weininger den Herchenern und lallte mit schwerer Zunge darüber, dass die Deutschen seit Neuestem bei jedem Pups auf die Straße gingen.
"Beim Rosenmontagszug, gegen Castor und gegen Stuttgart 21." Mit anderen Worten: "Wenn d'r Zooch kütt".

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